Generalist O/U

Die in der aktuellen WBO festgelegten Inhalte bezüglich des zu vermittelnden Wissens, der notwendigen Erfahrungen und der praktischen Fertigkeiten im Fach Orthopädie / Unfallchirurgie sind entstanden unter dem Eindruck der Vereinigung der beiden Fachgebiete Orthopädie und Unfallchirurgie im Jahr 2004. Hierdurch war einerseits zwangsweise eine deutliche „Verschlankung“ der Weiterbildungsinhalte der ehemals eigenständigen Bereiche zu verzeichnen. Andererseits wurde die damalige WBO (im Bestreben dennoch möglichst viele Inhalte der beiden ehemals getrennten Bereiche zu bewahren) teilweise mit Anforderungen „überfrachtet“, die weder der heutigen Ausbildungs- noch der tatsächlichen Versorgungsrealität entsprechen. Auch das Handeln und Denken der inzwischen voll im Klinikalltag angekommenen Generation Y war in der WBO nicht antizipiert und zwingt in vielerlei Hinsicht zum umdenken bzw. zum handeln.

Die Entwicklung der letzten 10 Jahre seit Vereinigung der beiden Fächer O/U hat aktuell zu folgenden Realitäten geführt:

  • Nachwuchsmangel in allen operativen Fächern, hierdurch auch
  • Mangel an Generalisten in Orthopädie / Unfallchirurgie. (1, 2)
  • De facto keine Rotation mehr in die chirurgischen Nachbarfächer im Rahmen derWeiterbildung O/U, obwohl dies vom Nachwuchs sogar explizit gewünscht wird. (3, 4)
  • De facto Erreichbarkeit der Zusatzbezeichnung „Spezielle Unfallchirurgie“ ohnejegliche Kompetenz / Erfahrung in den Notfällen der chirurgischen Nachbargebiete bzw. an Schnittstellen. (5)
  • De facto im stationären Bereich keine bzw. nur wenig Vermittlung von Inhaltender konservativen O/U. (6)

Vor diesem Hintergrund dieser Tatsachen muß die Chance der Novellierung der Muster- WBO in 2015 genutzt werden, um die o.g. Entwicklungen zu korrigieren bzw. ihnen entgegen zu wirken. Die Vorgaben der Bundesärztekammer sehen vor, dass sich die neue M-WBO durch „Kompetenz-Module“ weg von der rein numerischen Ableistung von operativen Eingriffen, hin zu einer curriculären, sich longitudinal vertiefenden Weiterbildung verändert (7). Unter Berücksichtigung dieser Rahmenbedingungen erachten wir die folgenden Punkte für notwendig, die im Rahmen der neuen M-WBO berücksichtigt werden sollen:

  • Verpflichtende Rotation für 6 Monate in ein chirurgisches Nachbarfach (ACH; GCH; NCH; TCH ) im Rahmen des Common Trunk (bislang möglich, aber nur freiwillig)
  • Beibehaltung der grundsätzlichen Inhalte der aktuellen WBO hinsichtlich der zu erwerbenden Kompetenzen und Fähigkeiten (auch OP Zahlen!), ergänzt um die neu einzuführenden Kompetenzblocke bzw. Lernmodule gemäß den Vorgaben der Bundesärztekammer für die neue M-WBO (vgl. hierzu die Vorschläge der Projektgruppe Novellierung der Musterweiterbildungsordnung (PG M-WBO) von 6/2013). Hier sind einzelne Veranstaltungen und Fortbildungseinheiten zu definieren, die im Rahmen der Weiterbildung absolviert werden müssen. Für die Fachgesellschaft ergibt sich hier die gute Gelegenheit, „Zertifikate“ bzw. „Gütesiegel“ für einzelne Fortbildungen zu etablieren, damit entsprechende Standards eingehalten werden und diese Fortbildungsveranstaltungen für die Weiterbildung angerechnet werden können.
  • Verpflichtende Ableistung entsprechender „Kompetenz-Blöcke“ der Notfall- versorgung der chirurgischen Nachbargebiete im Rahmen der Zusatz- weiterbildung „Spezielle Unfallchirurgie“ (z.B. Definitive Surgical Trauma Care, Trepanationskurs, Notfall-Gefäß-Kurs, etc.), sowie verpflichtende Rotation in ein chirurgisches Nachbarfach (ACH; GCH; NCH; TCH).
  • Verpflichtende Ableistung entsprechender „Kompetenz-Blöcke“ im Rahmen der Zusatzweiterbildung „Spezielle Orthopädische Chirurgie“ (z.B. Endoprothetik, arthroskopische Chirurgie, Wirbelsäulenchirurgie, Tumorchirurgie….)
  • Inauguration einer neuen Zusatzbezeichnung „Generalist O/U“, die gleichberechtigt neben den beiden etablierten Bezeichnungen „Spezielle Unfallchirurgie“ und „Spezielle Orthopädische Chirurgie“ besteht. Um den o.g. festgestellten Mangel an Generalisten zu begegnen, muß der generalistischen

Ausrichtung des Faches eine entsprechende Definition und Wertschätzung (in Form einer eigenen Zusatzbezeichung) zugeschrieben werden. Nur wenn definiert ist, was ein Generalist sein soll, bzw. welche Kenntnisse und Fähigkeiten er/sie haben soll, kann eine entsprechende Fort- und Weiterbildung erfolgen. Und nur wenn diese dann am Ende zu einer eigenständigen Zusatzbezeichung führt, wird der Nachwuchs auch bereit sein selbige konkret anzustreben.